Das Vergabebeschleunigungsgesetz ist aktuell Gegenstand intensiver Diskussionen im Deutschen Bundestag. Ziel der Reform ist eine schnellere, digitale und entbürokratisierte Vergabe öffentlicher Aufträge, insbesondere bei großen Bau- und Infrastrukturprojekten. Die Bundesregierung sieht darin einen wichtigen wirtschaftlichen Impuls und mögliche Einsparungen in Verwaltung und Wirtschaft von jährlich bis zu 380 Millionen Euro. Zu den Kernmaßnahmen zählen die Erhöhung der Wertgrenzen für Direktvergaben, weniger Dokumentationspflichten und eine beschleunigte Bearbeitung von Nachprüfungsverfahren.
Ein zentraler Streitpunkt ist der Schutz des Mittelstands. Die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld und zahlreiche Verbände warnen davor, das traditionelle Losprinzip aufzuweichen. Die losweise Vergabe öffentlicher Aufträge ermöglicht mittelständischen Betrieben faire Wettbewerbschancen, stärkt regionale Wirtschaftskreisläufe und verhindert den Ausschluss kleinerer Unternehmen zugunsten großer Generalunternehmer. So wird seit über 70 Jahren nicht nur ein fairer Wettbewerb gesichert, sondern auch das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot in der Vergabe eingehalten.
Der Bundesrat drängt darauf, die Ausnahmegenehmigungen für Gesamtvergaben zu erweitern und teilweise aus rein zeitlichen Gründen zuzulassen. Die Bundesregierung hält jedoch an der Mittelstandsfreundlichkeit fest und lehnt eine weitere Flexibilisierung ab. Insbesondere im Baugewerbe sehen Fachleute die Gefahr, dass mittlere und kleine Handwerksbetriebe vom Zugang zu öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden, was langfristig zu Wertschöpfungsverlust und Instabilität in den Kommunen führt.
Das Gesetz wird inzwischen in den zuständigen Ausschüssen weiter beraten. Neben technischen Vorgaben und rechtlichen Anpassungen, etwa bei der Vergabekammer, stehen immer wieder Fragen zur praktischen Umsetzbarkeit und zum Verhältnis von Effizienz und Mittelstandsschutz im Mittelpunkt. Die Entscheidung über das endgültige Gesetz wird bis zum Jahresende erwartet – und ist für Städte, Kommunen und Betriebe von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.